Kürzlich wurde ich gefragt, warum ich mir denn “Umhimmelsgottswillen” das antue, in die “grosse” Politik einzusteigen. Die kleine Lokalpolitik sei doch schon haarig genug. Ich mag es haarig, wollte ich zuerst antworten. Es stimmt ja auch, “geht nicht, gibt’s nicht” ist meine Einstellung und wenn es haarig wird, braucht man halt etwas mehr Argumente und Ausdauer. Aber, das ist nicht der Grund, warum ich mich für einen Platz auf der Nationalratsliste der GRÜNEN Baselland beworben habe und am 22. Oktober 2023 gewählt werden kann. In der “grossen Politik” werden die Rahmenbedingungen diskutiert, die später unseren Alltag prägen. Und an diesen Rahmenbedingungen möchte ich mitgestalten - weil, nichts in unserem Leben ist nicht politisch. Unser Leben, unser Alltag sind politisch!
Das war meine Antwort auf die “Umhimmelsgottswillen-Frage”.
Wie stark der Alltag politisch ist, merke ich immer wieder, wenn ich Kleider brauche. Es stört mich, dass ich nicht nachvollziehen kann, woher die Textilen kommen, wie sie verarbeitet wurden, von wem und zu welchen Bedingungen sie hergestellt wurden und wie die gesamt Ökobilanz des Kleidungsstücks aussieht. Ich kann mich beim Kleiderkauf nur auf wenige, einschlägige Marken verlassen, welche ich zuvor aufwändig recherchiert habe und diesen Recherchen vertrauen (muss). Es fehlt mir beim Kauf selbst die Nachvollziehbarkeit der Produktions- und Lieferketten. Und da kommen wir zum strategischen Moment: Produktionsbedingungen werden politisch verhandelt. Heute fehlen griffige Regelungen, die transparente Produktionsketten und -bedingungen für jedes Kleidungsstück verlangen. Neben Transparenz müssen sukzessive auch ökologische, soziale und wirtschaftliche Kriterien umgesetzt werden, die eine nachhaltige Kleiderproduktion weltweit ermöglichen. Würde ich die Produktionsbedingungen kennen, würde sich dies auf mein Kaufverhalten auswirken. Ich könnte wählen, welche Qualität ich für welchen Preis kaufen möchte. Und so wie ich, würden dies Tausende, Millionen Menschen tun. Und dadurch wird sich unser Konsumverhalten ändern. Weil wir nicht in Kleidern rumlaufen möchten, an denen das Blut von schlecht bezahlten Näherinnen klebt und deren Herstellung Flüsse und Böden zerstört.
Dazu kommt, dass wir jährlich viel zu viele Kleider konsumieren und wegwerfen. Oft ungetragen.
Wenn ich weiss, dass jährlich weltweit 150 Milliarden Kleidungsstücke hergestellt und 14 Millionen Tonnen entsorgt werden, wird mir klar, dass die Frage nach der nachhaltigen Produktionskette einen riesigen Impact auf unsere Umwelt und auf in der Textilindustrie arbeitende Menschen hat. Wenn Kleider nachhaltiger produziert würden, würden weniger Chemikalien in die Umwelt gelangen, müssten weniger Menschen unter unwürdigen Bedingungen arbeiten, würde die Natur weniger mit Altkleider-Deponien erstickt. Auch müssten die natürlichen Ressourcen wie Baumwollbestände nicht rücksichtslos ausgebeutet werden. 40 Prozent der weltweit produzierten Kleidung wird niemals verkauft, denn die Produktion erfolgt nur anhand von Vorhersagen, was Kunden kaufen könnten. Doch wie wäre es, wenn Kleidung erst dann produziert würde, wenn sie schon verkauft worden ist? Wenn wir die Digitalisierung für virtuelle Kleidungsstücke nutzen würden? Über Avatare könnten wir das Kleidungsstück aussuchen und anprobieren, noch bevor das erste Stück Stoff tatsächlich zugeschnitten wird. Das spart Überproduktion und Retouren. Und bis dahin müsste gelten: Der Kleiderkauf muss wieder mit Liebe erfolgen. Das Ausgewählte gewinnt dadurch an emotionalem Wert und ist erst noch nachhaltig. Und - wie wäre es, wenn es mehr Second-Hand-Shops geben würde, wir mieten anstatt kaufen und grundsätzlich unsere Kleider länger tragen?
Fashion Revolution Schweiz Hier findest du vertiefte Informationen zum fairen, nachhaltigen Kleiderkonsum.
GBG_poster_A0_DOW_DU_PRINT.pdf (swissfairtrade.ch) Hier findest du die Charta für nachhaltige Textilien.
217'509 Unterschriften für Konzernverantwortung – Koalition für Konzernverantwortung Da geht es zu einer notwendigen Regulierung.
Alles, was du siehst, ist politisch. Jedes Ding wird verhandelt und landet schliesslich bei uns im alltäglichen Leben. Wie eben Kleider. Deshalb ist mir die "grosse" Politik wichtig - hier werden die Regeln gemacht, die wir dann im Alltag spüren. Mitgestalten, eingreifen und das Leben für alle verbessern!
Welche Alltagsfragen treiben dich um? Schreib mir!